Gerresheim: Rundgang

 
Rundgang durch das historische Zentrum


Gerresheim hat eine bis ins Mittelalter zurück reichende Geschichte. Der Gerricusplatz  und seine Umgebung bilden das historische Zentrum. Und hier beginnt unser Rundgang mit vielen Sehenswürdigkeiten.

Am Gerriusplatz steht die im Jahr 1236 geweihte Stitftskirche St. Margareta, die 1982 zur  Basilika erhoben wurde. Sie ist eine der am besten erhaltenen Kirchen der Stauferzeit. Besonders sehenswert im Inneren der Kirche ist der Ottonische Crucifixus aus der Zeit vor 1000 nach Christus. Das angebaute romanische Stiftsgebäude wurde im 13. Jahrhundert errichtet  - sein Kreuzgang ist teilweise erhalten.

Aber auch der Gerricusplatz insgesamt lädt ein zum Verweilen. Neben der Basilika wird der Platz umgeben von gut erhaltenen und restaurieren Häusern aus dem 19. Jahrhundert und in seinem südlichen Teil steht der von Karl-Heinz Klein geschaffene Heimatbrunnen mit je 15 Darstellungen und Köpfen aus der reichen Gerresheimer Geschichte. Der Brunnen ist ein Geschenk der Stadt Düsseldorf zur 1100 Jahr-Feier Gerresheims.

Gehen wir durch das Tor zwischen den Häusern 25 und 26, den barocken Nachfolgebauten eines Bauerngehöftes am Gerricusplatz, so stehen wir vor dem sogenannten Quadenhof. Gebaut 1423 – 1437 als Wasserburg „Haus im Walde“. Die Burg diente der Sicherung Gerresheims. Später wurde die Burg nach dem Erben Adolf Quad vom Rade genannt. Im 19. Jahrhundert war der Quadenhof eines der beliebtesten „romantischen Motive“ der Düsseldorfer Malerschule.

Durch das Gässchen zwischen den Häusern Nr. 16 und Nr. 17 des Gerricusplatzes kommen wir zum Alten Markt. Der ursprüngliche Dorfanger stellt sich heute als bepflanzter Mittelstreifen zwischen zwei Fahrspuren dar. Vom Alten Markt kommen wir rechts zum Neußer Tor.

Im südlichsten Teil des Neußer Tores steht das 1568 nach dem Stadtbrand erbaute Haus der Kanoniker des Stiftes. Es wird oft noch als altes Bürgermeisterhaus bezeichnet. 1989/1991 wurde es  in historischer Handwerkstechnik von Aloys Odenthal restauriert und beherberge das Restaurant „Canonicus“. Canonicus existiert nicht mehr, man gelangt an eine kleine Kapelle.

Unmittelbar links daneben war das Katharinenbergkloster, genannt nach Katharina Grubben. Sie stiftete ihre beiden Häuser 1450 dem Franziskanerinnenorden. Das Kloster bestand bis 1834. Heute ist es das Gerresheimer Rathaus und Bezirksverwaltungstelle.

Vom Neußer Tor zurück zum Gerricusplatz kommt man links neben der Basilika auf die Gerricusstraße. Am Ende dieser Straße gelangt man direkt auf eine kleine weißgeschlämmte Kapelle, das sogenannte Gerricuspützgen. Vielleicht ursprünglich der Ort eines heidnischen Brunnnenkults. Die versiegte Quelle soll Heilkraft besessen haben. In ihrer jetzigen Form stammt sie aus der Mitte des letzten Jahrhunderts.

Ein besonders trauriges Kapital der Gerresheimer Rechtsgeschichte ist die letzte Hexenverbrennung in Westdeutschland 1738 in Gerresheim. An dieses unrühmliche Ereignis erinnern eine Plakette am Gerresheimer Heimatbrunnen und die auf dem Rasenplatz Ecke Dreher- und Schönaustraße errichtete Skulptur „Hexenstein“. Sie wurde von der Gerresheimer Künstlerin Gabriele Tefke geschaffen und 1989 aufgestellt.

Die Inschrift des Gerresheimer Hexensteins lautet:

Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Für Helene Mechthildis Curtes und Agnes Olmanns.
In Gerresheim verbrannt am 19. August 1738
nach dem letzten Hexenprozess am Niederrhein
und für alle Gequälten und Ausgestoßenen.

Das südliche Gerresheim

Die Schönaustraße endet auf der Heyestraße. Ihre Bezeichnung erinnert an die 1864 von Ferdinand Heye gegründete Glashütte, die das südliche Gerresheim als Industrieviertel stark prägte. Gut erhaltene Jugendstilhäuser sind hier zu sehen, so an der Dreifaltigkeits-, Otto- und Hardenbergstraße. Herausragend die 1892 erbaute elegante „Villa Poggfred“ auf der Heyestraße 92. Schöne Jugenstilhäuser gibt es auch an der Benderstraße im nördlichen Teil Gerresheims.

Ein kleines Stückchen weiter nördlich von der Heyestraße 92 steht in einer kleinen Grünanlage an der Einmündung des Pilgerweges ein unscheinbar verputztes Ziegelbauwerk, die „Blutskapelle“ von 1725, zurückzuführen auf die Verehrung der Blutsreliquie (seit dem 15. Jh.). Der Ritter von Eller brachte nach einem Kreuzzug zu Beginn des 13. Jahrhunderts mit Jesu Blut getränkte Erde vom Berg Golgatha hierher. Während der alljährlichen Prozession aus nah und fern strömten bis zu 8.000 Pilger nach Gerresheim. Die Tradition hat in kleinerem Umfang bis heute ihren religiösen Bestand erhalten.

Gegenüber der Blutskapelle auf der Heyestraße befindet sich die Gustav-Adolf-Kirche. 1867 schenkte Ferdinand Heye der Stadt Gerresheim eine namhafte Geldsumme mit der Verpflichtung, an der damaligen Bahnstraße Gründstücke zu kaufen und dort die erste evangelische Kirche und Schule zu bauen. 1876 konnte die Schule und 1878 auch die Kirche fertig gestellt werden. Sie hieß zuerst „Evangelische Stadtkirche“ und erhielt 1932 den Namen des protestantischen schwedischen Königs.

Auf der Heyestraße weiter nördlich Ecke Nachtigallstraße/Torfbruch war ursprünglich der Bahnhof.

Das Gebäude wurde von den Glashüttenbesitzern aufgekauft und als „Heye-Bad“ den Glasmacherfamilien zur Verfügung gestellt. 1970 wurde es geschlossen und steht heute als Freizeiteinrichtung der Stadt der Jugend zur Verfügung.

Zurück auf der Heyestraße sieht man schon auf der rechten Seite die ehemalige Gerresheimer Glashütte und auf der linken Seite ist ein Besuch der  „Werkssiedlung Glashütte“ lohnenswert. Sie ist als älteste Arbeitersiedlung Düsseldorfs erhalten. Die 1864 errichtete Glashütte benötigte sesshafte Glasbläser, die diesen als kostenlosen Werkswohnungen überlassen wurden. Inder Siedlung „Neustadt“, umgeben von der Porta- und Teutoburgstraße, gibt es noch sog. „Dunkelkammern“ – fensterlose Ruheräume für die Glasmacher.



Quellen: Kulturkreis Gerresheim, Grafenberg und Hubbelrath e.V.
              Bürger- und Heimatverein Gerresheim 1950 e.V.

Neuzeitliches

Der Industriepfad
Gerresheim – Ludenberg. Manuskript für WIG-Einkaufsführer Gerresheim. Im Jahr 2005 stellte die Gerresheimer Glashütte, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als weltgrößter Flaschenproduzent den Markt aber auch Gerresheim im Besonderen geprägt hatte, ihre Produktion ein. Damit stand die Frage nach der zukünftigen Nutzung dieses großen Areals im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Es bestand die Gefahr, dass die letzten historischen Werksbauten auf dem Gelände dem Erdboden gleich gemacht wurden.

Da gleichzeitig auch der letzte Düsseldorfer Ziegelei-Ringofen an der Bergischen Landstraße nach jahrzehntelangem Verfall vom Abriss bedroht war, bildete sich eine kleine Arbeitsgruppe mit dem Ziel, diese stadtgeschichtlich bedeutenden Industriebauten des 19. und 20. Jahrhunderts zu retten, ihre Geschichte in enger Verbindung mit der Industriegeschichte Düsseldorfs aufzuarbeiten und innerhalb eines Industriepfades zu verbinden und erlebbar zu machen. Bereits 2008 gründete sich aus dieser anfänglichen Idee heraus der Förderkreis Industriepfad Düsseldorf-Gerresheim e.V. Seitdem ist schon die Hälfte des mit Hinweisstelen aus Edelstahl gekennzeichneten Weges zwischen Ringofen und ehemaliger Glashütte an der Heyestraße quer durch Gerresheim verwirklicht worden. (Seite 41, Karte mit Verlauf des Pfades) Die Stelen wurden und werden von der BV07, der NRW-Stiftung und zahlreichen Vereinen und Bürgern gestiftet.
Nicht nur das: Durch konstruktive Gespräche mit Bauinvestoren und städtischen Behörden sowie der Sachkompetenz und dem Engagement des Förderkreises konnte der Ringofen in Teilen gerettet werden und wird demnächst als öffentlicher Ausstellungsraum über die Technik und Geschichte der Düsseldorfer Ziegeleien und der für die Architekturentwicklung beispielhaften Backsteinbauten des sogenannten Düsseldorfer Backsteinexpressionismus genutzt werden können. Auch die Erhaltung und Unterschutzstellung des Gerresheimer Bahnhofs, des ältesten Bahnhofs Düsseldorfs an der ältesten Eisenbahnstrecke Westdeutschlands von 1838 und der drei historischen Industriebauten auf dem Glashüttengelände, Elektrozentrale und Kesselhaus von 1925 sowie Gerrix-Turm, geht, in Zusammenarbeit mit weiteren Vereinen und Initiativen, auf die Anregungen des Förderkreises zurück.

Der Pfad beginnt am Ringofen der Ziegelei Sassen an der Bergischen Landstraße/Am Wildpark im Stadtteil Ludenberg mit dem einzigen Überrest von ehemals über 40 Ziegeleien in Düsseldorf. Er folgt dann dem Pillebachlauf mit dem Bodendenkmal „Ziegelei Jorissen“ und den heute Am Dernkamp unter Naturschutz stehenden ehemaligen Lehmgruben (Seite 41, Stele „Natur aus 2. Hand“) bis zum Dreherpark, dem letzten erhaltenen Hinweis auf die Draht- und Nagelfabrik Dreher. Am Katharinenberg-Kloster (heute Rathaus) vorbei, das einmal am Neusser Tor ab 1840 die Drahtstiftefabrik von Gahlen beherbergte, verlässt der Weg das mittelalterlich geprägte Gerresheim über das Kölner Tor und trifft hier auf Spuren weiterer früher Industriebetriebe und der damit verbundenen Wohnkultur, zum Beispiel die Bürgerhäuser mit verspielt ornamentierten Jugendstilfassaden zwischen Dreifaltigkeits- und Hardenbergstraße. Auf der Heyestraße werden dann durch Grundschule und evangelischer Kirche die direkten Einflüsse der Glashüttengründer erkennbar. Das Ensemble „Glashütten-Siedlung“, die letzten Bauwerke der Glashütte selbst und der Bahnhof bilden eine in Düsseldorf in dieser Komplexität nicht mehr erhaltene industrie- und sozialgeschichtlich bedeutsame Einheit und zugleich den Abschluss des Pfades.

Wer den Pfad bei sachkundigen Führungen erleben möchte (Kontakt Gaby und Peter Schulenberg, Tel.: 284712), kann ihn auch mit dem Buch in der Hand erwandern: Peter Henkel (Hrsg.), Industriepfad Düsseldorf-Gerresheim, Droste-Verlag 2009. Auf der Internetseite des Förderkreises unter www.industriepfad-gerresheim.de können Sie sich über den aktuellen Stand der Veranstaltungen rund um den Industriepfad erkundigen.
                      von Gaby und Peter Schulenberg sowie Peter Henkel

Abbildungsnachweis:
Abb. 1. Streckenplan Industriepfad, wie er auf jeder Stele zu finden ist.
Abb. 2. Stele Natur aus 2. Hand. Fotonachweis: Nicola Walbeck.
Abb. 3. Die denkmalgeschützte Elektrozentrale und das Kesselhaus.
Fotonachweis: Thomas Boller.